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30. Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt - Die Gewinner stehen fest:
Ingeborg-Bachmann-Preis 2006 für Kathrin Passig

Logo Bachmannpreis 2006 - Copyright: BachmannpreisDie 36-jährige Autorin Kathrin Passig ist die Bachmann-Preisträgerin des Jahres 2006. Die neunköpfige Jury sprach sich mehrheitlich für ihren Text "Sie befinden sich hier" aus. Passig habe, wie die Jury meinte, eine "kluge und komische Geschichte vom Nicht-Überleben" dargeboten. Die studierte Germanistin wurde 1970 im bayerischen Deggendorf geboren. Sie arbeitet als Autorin, Übersetzerin und Web-Entwicklerin und schrieb u.a. für die "taz" Gedichte und Kolumnen. Zuletzt erschien ihre gemeinsam mit Holm Friebe verfasste Kolumnensammlung "Das letzte große Ding". Das Preisgeld beträgt 25.000 Euro. Kathrin Passig gewann auch den zum fünften mal vergebenen Publikumspreis der Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, den "Kelag-Preis", bei dem die Zuschauer am 24. Juni via Internet ihren Favoriten wählen konnten. Der Kelag-Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.
Den erstmals vergebenen Telekom-Austria-Preis erhielt mit dem Österreicher Bodo E. Hell der älteste diesjährige Teilnehmer. Der 1943 geborene Prosa- und Theaterautor üerzeugte mit seinem Text "Stadt Land Berg und wieder: durchs Dickicht der verweise nur eine kleine Schneise". Bodo Hell wurde bereits mit dem Rauriser Literaturpreis (1972), dem Erich-Fried-Preis (1991) und dem Preis der Literaturhäuser des Jahres 2003 ausgezeichnet. Der Telekom-Austria-Preis, der den bisherigen Preis der Jury ablöst, ist mit 10.000 Euro verbunden.
Der Gewinner des diesjährigen 3sat-Preises konnte erst nach mehreren verwirrenden Stichwahlen ermittelt werden. Letztlich setzte sich der Text "Überm Rauschen" des aus der Eifel stammenden Autors Norbert Scheuer durch. Scheuer, 1951 in Prüm geboren, studierte Physikalischen Technik und Philosophie und arbeitet heute als Systemprogrammierer. 2005 erschien sein viel beachtetes Buch "Kall, Eifel". Er ist Träger des Martha-Saalfeld-Förderpreises und Sonderpreises Buch des Jahres 2003. Der 3sat-Preis wird vom Gemeinschaftsprogramm der vier öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ZDF, ORF, SF und ARD gestiftet und ist mit 7.500 Euro dotiert.
Der von namhaften europäischen Verlagen gestiftete Ernst-Willner-Preis, dotiert mit 7.000 Euro, ging an die deutsche Autorin Angelika Overath, die mit ihrem Text "Das Aquarium" antrat. Die 1957 in Karlsruhe geborene promovierte Germanistin schreibt neben Prosatexten auch Reportagen, Essays und Literaturkritiken. Zuletzt erschien der Band "Nahe Tage. Roman in einer Nacht" (2005). 1996 erhielt sie den Egon-Erwin-Kisch-Preis für literarische Reportage, in diesem Jahr wurde sie bereits mit dem Thaddäus-Troll-Preis ausgezeichnet.

Gleich zwei Jubiläen gab es in diesem Jahr zu feiern: Am 25. Juni wäre Ingeborg Bachmann (1926 – 1973) 80 Jahre alt geworden. Und: Zum 30. Mal wird an diesem Tag der Ingeborg-Bachmann-Preis überreicht. Auch diesmal waren wieder ausnahmslos unveröffentlichte deutschsprachige Prosatexte von maximal dreißig Minuten Lesedauer zum Wettbewerb zugelassen. Die Auswahl der 18 Autorinnen und Autoren hat die Jury unter Vorsitz von Iris Radisch vorgenommen. Als Grundlage dienten schriftliche Empfehlungen von Verlagen oder Literaturzeitschriften. Folgende Autorinnen und Autoren waren in diesem Jahr eingeladen: Sigrid Behrens, Paul Brodowsky, Bodo E.Hell, Katja Huber, Silvio Huonder, Claudia Klischat, Thomas Melle, Andreas Merkel, Clemens Meyer, Hanno Millesi, Annette Mingels, Angelika Overath, Kathrin Passig, Dirk von Petersdorff, Norbert Scheuer, Ina Strelow, Kevin Vennemann und Kai Weyand.
Mit seiner "Klagenfurter Rede zur Literatur" eröffnete der Schriftsteller und Universitätsdozent Raoul Schrott am 21. Juni die Hauptveranstaltung. Schrott, 1994 selbst Preisträger des Landes Kärnten beim Bachmann-Wettbewerb, sprach über die Schwächen und Paradoxien des gegenwärtigen Literaturbetriebs. "Literatur ist längst zum Produkt verkommen", so Schrott, "wobei deren Nutzwert verloren geht. Dieser liegt im Aufwerfen von Denkräumen, in denen das Ich abseits des Konventionellen agieren kann". Am Wettbewerb selbst bemängelte er das sinkende Niveau der Textbeiträge; heutzutage fehle es an literarischen Persönlichkeiten wie Gert Jonke, Ulrich Plenzdorf, Gerd Hofmann oder Sten Nadolny.
Alle Texte werden Ende September unter dem Titel "Die Besten 2006" im Piper Verlag erscheinen.

Homepage der "Tage der deutschsprachigen Literatur"
Bachmann-Preis 2006 - Die Berichterstattung bei 3sat
Bachmann-Preis - Alle Preisträgerinnen und Preisträger

Abbildung:
Logo des Bachmannpreises 2006 - © Bachmannpreis

(TourLiteratur 13 / Juni 2006)

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